Dissertationsprojekt Daria Otto
Die alttestamentlichen Gestalten von Hiob und David als theologische Symbole und exegetische Methode bei Ambrosius von Mailand.
In einer Reihe seiner Abhandlungen, den sog. Patriarchenschriften, macht Ambrosius biblische Gestalten zum Gegenstand der Auslegung, wodurch die so geprägten Gestalten als “Text” entgegentreten und analog zum gewohnten Schrifttext erschlossen werden müssen. Den Lesern wird die biblische Person sowohl in ihrem unmittelbaren Charakter (gleichsam nach dem Literalsinn) als auch in ihrer tieferen Bedeutung (gleichsam nach dem geistlichen Sinn), sei es als Typos für Christus oder die Kirche oder die Sakramente (mysteria) oder als Verkörperung bestimmter Tugenden, als moralisches Vorbild und "Schauspiel" nahe gebracht. Das christliche Publikum soll mithilfe des Glaubenswissen im Leben und Handeln dieser Patriarchen "mehr" erblicken" als deren alttestamentliche Zeitgenossen. In diesen Texten finden sich sowohl moralische und dogmatische, daneben aber auch polemische und kirchenpolitische Deutungen. Für Ambrosius sind daher die Gestalten des Alten Testaments nicht nur Muster der Tugenden oder Rollen, die zur Identifizierung einladen, sondern sie haben darüber hinaus auch eine hermeneutische Funktion, um verschiedene theologische Dimensionen der Schrift zu eröffnen.
Die Dissertation untersucht in diesem Zusammenhang die Schrift De interpellatione Iob et David, die aus vier Büchern besteht und die wohl aus Taufkatechesen hervorgegangen ist. Die Gestalt des Hiob wird darin im Kontext von Gericht und Gerichtsverhandlung erläutert. Um dieses Konzept des Ambrosius zu verdeutlichen, wird zunächst auf die in dem Buch Hiob selbst konstruierten Gerichtssituationen geschaut, näherhin auf die Anklage Hiobs und jene seiner Freunde. Danach wird die besondere Gerichtsrhetorik bei Ambrosius untersucht, die sich an Cicero und Quintilian anlehnt. Drittens können daraus die Grundlinien einer Eschatologie in der Sicht des Ambrosius aufgezeigt werden, worin der Kirchenvater auch die Buße und das persönliche Sündenbekenntnis verortet.
Die Darstellung der Gestalt Davids unterscheidet sich dagegen schon in formaler Hinsicht, da die Bücher 3 und 4 eine Auslegung der Psalmen 41, 42 und 72 bilden. Thematisch dominieren darin Bilder und Erklärungen zur Taufe sowie die Unterscheidung zwischen Frevlern und Gerechten. Damit knüpft Ambrosius an ein Hauptthema des Hiobbuches an und schlägt den Bogen zurück zum ersten Teil, wo er mit Blick auf die Freunde Hiobs ebenfalls den Unterschied zwischen Frevlern und Gerechten diskutiert.
Die Dissertation will sowohl die literarische Gestaltung des Werkes untersuchen, als auch den theologischen Gehalt erläutern. Die Methode der an einer biblischen Gestalt angelegten Schrifthermeneutik des Ambrosius wird in besonderer Weise Berücksichtigung erfahren, darüber hinaus sollen jene theologischen Themen aufgezeigt werden, die der Mailänder Bischof in Rahmen seiner Taufkatechese entfaltete. Nicht zuletzt soll aber das Werk in seiner ursprünglichen Intention erfasst werden, als Anleitung zum christlichen Leben im Licht von Taufe und neuem Leben.