Dissertationsprojekt
Mag. theol. Jakub Jirovec

Zwischen Nationalsozialismus und Kommunismus: Der Deutsche Orden in der Tschechoslowakei 1938 – 1950 (Arbeitstitel)

Die böhmische Provinz des Deutschen Ordens hatte in den Jahren des Zweiten Weltkrieges sowie in den ersten Jahren der kommunistischen Herrschaft in der Tschechoslowakei mit erheblichen Anfeindungen und Schwierigkeiten seitens der staatlichen Autoritäten zu leben. Die Dissertation will den Kampf des Ordens für seine Rechte und um die Aufrechterhaltung seiner pastoralen und karitativen Aktivitäten, aber auch seine Beziehungen zu den jeweiligen Machthabern aufgrund des erhaltenen Quellenmaterials erstmals kritisch erheben und würdigen.

Nachdem sich der der Deutsche Orden nach dem Ende des Ersten Weltkriegs als geistliches Priesterinstitut neu gegründet und seine Struktur als Ritterorden aufgegeben hatte, entfaltete er in der Tschechoslowakei in den Jahren von 1918 bis 1938 ein reiches seelsorgerliches und karitativ-kulturelles Wirken. Nach der Besetzung der sudetendeutschen Gebiete durch das Nazi-Deutschland im Herbst 1938 wurde der Orden dank seiner Loyalität zum tschechoslowakischen Staat als verdächtig angesehen. Allen Versuchen des Hochmeister, den Orden zu retten, zum Trotz wurde dieser im Frühjahr 1939 von den Nazis aufgehoben und sein Besitz wurde konfisziert. Ein Neuanfang nach dem Krieg scheiterte zunächst vor allem wegen der Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus der Tschechoslowakei. Darüber hinaus hatte das Landwirtschaftsministerium bereits begonnen, den Ordensbesitz erneut zu konfiszieren. Nach der Machtübernahme der Kommunisten im Februar 1948 wurde der Deutsche Orden (zusammen mit den Jesuiten) zum katholischen Hauptfeind des neuen Regimes erklärt, obwohl er sich in dieser Zeit ohnehin in einem desolaten Zustand befand. Die Ermordung des letzten Priors (1949) und die gewaltsame Auflösung aller katholischen Orden in der Tschechoslowakei durch die Kommunisten im Jahr 1950 bedeutete das definitive Ende des Ordens auf seinem traditionellen Gebiet.

Die Studie wird neben der Rekonstruktion der Ereignisse v.a. folgenden Fragestellungen nachgehen:

  1. Zunächst soll die Situation der sudetendeutschen Katholiken v.a. in den nordmährischen "Gebieten" und Pfarreien des Deutschen Ordens sowie ihre Haltung zur Reaktion auf die nationalsozialistischen Ideologie beleuchtet werden.

  2. Das "kritische Jahr 1938" wird gesondert in den Blick genommen. Hier gilt es zu untersuchen, wie der Orden auf das Münchner Abkommen vom 30. September 1938 reagierte, wie er sich nach der Besetzung der sudetendeutschen Gebiete durch Nazi-Deutschland verhielt und wie die Verhandlungen verliefen, die schließlich zur Aufhebung des Ordens im Februar 1939 führten.

  3. In einem prosopographischen Kapitel soll das Personal des Ordens, die Provinzbrüder, und und ihr Schicksal in der Zeit des Krieges vorgestellt werden. Ein besonderes Augenmerk verdient hier die Gestalt des P. Heribert Kluger OT, der im KZ Dachau sein Leben ließ.

  4. Ein neues Kapitel für den Orden begann nach dem Krieg mit der Vertreibung der deutschen Brüder und mit der erneuten Enteignung des Ordensbesitzes. In diesem Zusammenhang muss auch auf die Problematik der sog. "deutschen kirchlichen Subjekte" in der Tschechoslowakei sowie auf die Rolle der vatikanischen Diplomatie (Intervention des Internuntius)  eingegangen werden.

  5. Zuletzt sollen die Maßnahmen der neuen kommunistischen Machthaber gegen  den Deutschen Ordens untersucht werden, wobei v.a. die Person des Priors P. Stanislav Dostál OT sowie die Politik des Hochmeisters Robert Schälzky und die Verteidigung des Ordens vor den tschechoslowakischen Gerichten im Mittelpunkt des Interesses steht.  

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