Dissertationsprojekt
Thomas Sudi CanReg

Die Ordnung der letzten Dinge. Die Eschatologie des heiligen Augustinus und ihr Weg in die theologische Systematik des zwölften Jahrhunderts

In eschatologischen Fragen gilt der afrikanische Kirchenvater Augustinus († 430) als die prägende Autorität, der man sich von Gregor dem Großen († 604) an bis über das Mittelalter hinweg beugte. Was die Eschatologie des Augustinus betrifft, soll sich das Projekt auf seine Darstellung in den letzten drei Büchern seines Hauptwerkes "De ciuitate Dei" konzentrieren. Untersucht werden soll sowohl der innere Aufbau dieses Abschnitts und als auch der Gebrauch der biblischen und außerbiblischen Quellen. Ziel soll es sein, die Vorstellungswelt des Augustinus bezüglich des Weltenendes, seine theologische Durchdringung der biblischen Narrative und die Ordnungsprinzipien innerhalb dieser eschatologischen Bücher herauszuarbeiten. Für die Analyse sollen ferner das Enchiridion, "De cura pro mortuis gerenda" und Gregors Dialogi, Buch 4, besonders berücksichtigt werden, die diesen Themenkreis explizit berühren und in der späteren Systematik mehrfach rezipiert wurden.

Auf dem Weg der Theologie zur Wissenschaft avancierte das zwölfte Jahrhundert zu einer Schlüsselzeit, in welchem nach Richard Heinzmann vor allem der "Frage nach der Systematik, nach einem Ordnungsprinzip für den Wissensstoff" nachgegangen wurde. Nach heilsgeschichtlichen Gesichtspunkten ordnete der Pariser Theologe Petrus Lombardus († 1160) seine Sentenzen, die zur maßgeblichen Vorlage für spätere Generationen wurde. Aus den Sentenzen des Lombarden kennt man das Prognosticum futuri saeculi des westgotischen Erzbischofs Julian von Toledo († 690), das auch eine eschatologische Sentenzensammlung darstellt. Demnach scheint Julians Florilegium in diesem Themenfeld ein wesentliches Mittelstück zwischen den Kirchenvätern und den Theologen der Frühscholastik zu sein. Dass das Prognosticum für die systematische Eschatologie des zwölften Jahrhunderts prägend war, ist für einzelne Mediävisten auch an der theologischen Summe "De sacramentis Christiane fidei" des Chorherren Hugo von St. Viktor († 1141), die den Sentenzen des Lombarden nur wenige Jahrzehnte vorausging, erkennbar.

Wenn die letzten drei Bücher von "De ciuitate" eine Transformation der Eschatologie in eine Geschichtstheologie darstellen, stellt sich die Frage, in welchem Maße Julian diese Inhalte wieder retransformiert hat, um sie in eine systematische Ordnung zu bringen. Wenn sich die Kompilatoren des zwölften Jahrhunderts sowohl bei der Auswahl als auch hinsichtlich der Ordnung der Väterzitate für ihre eschatologischen Traktate an Julian von Toledo orientierten, ist ferner zu fragen, inwieweit die spätere Gestalt des eschatologischen Traktats nicht schon sein Verdienst darstellt.

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