Habilitationsprojekt: Dr. theol. Thomas Schulte-Umberg
Religion und Kriegsmoral. Kriegserfahrungen in der katholischen Feldpastoral Österreich-Ungarns im Ersten Weltkrieg
Der Erste Weltkrieg war kein Religionskrieg. Dennoch spielte vor allem das Christentum in diesem Krieg eine elementare Rolle. Zwar wurde er nicht aus religiösen Motiven geführt oder gar begonnen, wohl aber von allen Seiten mit religiösen Mitteln geführt. Dies ist – nicht zu Unrecht und durch das Tun der Kirchen im Krieg – schon im Kriegsverlauf und erst recht während der ersten Nachkriegszeit (1919-1939) zum Klischee, während der zweiten Nachkriegszeit (seit 1945) dann in Vergessenheit geraten. Die Kehrtwende der christlichen Kirchen in Westeuropa im Verhältnis zum Krieg seit den 1960er Jahren ließ bei der Mehrzahl der Gläubigen ein Kriegsanstrengungen beförderndes Wirken in der Vergangenheit als Sünde gegen das Wesen des Christentums erscheinen, etwas, das nun zum Glück wahrhaft vergangen war und getrost als abgetan behandelt werden sollte. Wenn heutzutage das Verhältnis von Religion und Krieg öffentlich thematisiert wird, geschieht dies meist mit Blick auf eine andere Religion als das Christentum.
Das Projekt verfolgt in erster Linie die Absicht, die elementare Rolle von Religion für die Kriegsmoral aus historischer Perspektive anhand von Kriegserfahrungen in der katholischen Feldpastoral Österreich-Ungarns im Ersten Weltkrieg exemplarisch darzustellen. Dabei geht es um einen Ausschnitt aus der Geschichte eines durchaus zentralen Verhältnisses. Denn allgemein gesprochen kann mit Kriegsmoral erstens die Moralität eines Krieges oder von Kriegen überhaupt bezeichnet werden, zweitens die Fähigkeit und den Willen von Kombattanten und Nichtkombattanten einen Krieg zu führen und durchzuhalten. Es geht bei der Kriegsmoral also, das war 1914/18 durchaus bewusst, um das Ganze. Wie gegenüber jeder Form von Gewalt war Religion auch in diesem Fall nicht neutral, die Frage ist nur, wie und mit welchen Folgen. Weiterführend ist mit dem Projekt die Absicht verbunden, Anstrengungen anzuregen das Verhältnis von Religion und Kriegsmoral in den Kriegen des 20. Jahrhunderts multidimensional zu beschreiben und zu verstehen, sei es etwa durch interreligiösen Vergleich oder die Untersuchung einzelner Themenfelder und Topoi.